Ein offener Biss ist eine Okklusionsstörung, bei der ein Teil der Zähne keinen Kontakt hat und eine vertikale Lücke bildet. Dies führt zu ästhetischen und funktionellen Problemen.
Fehlender Kontakt zwischen den Zähnen beeinträchtigt Kauen, Abbeißen, Sprache, Atmung und Mimik.
Arten der Pathologie
Nach Lage:
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Frontoffener Biss (symmetrisch, asymmetrisch)
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Lateraloffener Biss (einseitig, beidseitig)
Nach Schweregrad:
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Leicht (Lücke bis 3 mm)
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Mittel (Lücke bis 5 mm)
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Schwer (mehr als 5 mm)
Nach Ursache:
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Angeboren (Krankheiten der Mutter, Geburtstrauma)
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Erworben (schlechte Angewohnheiten)
Ursachen eines offenen Bisses
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Vererbung: Genetik spielt eine bedeutende Rolle. Bei familiärer Vorbelastung steigt das Risiko um 50 %.
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Negative Faktoren während der Schwangerschaft: Krankheiten der Mutter, Einnahme bestimmter Medikamente, falsche Lage des Fötus.
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Schlechte Angewohnheiten: Daumenlutschen, längerer (mehr als ein Jahr) Schnullergebrauch, Angewohnheit, an Stiften oder Haaren zu kauen, Schlafen mit überstrecktem Kopf.
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Vorzeitiger Verlust von Milchzähnen: Führt zu Verschiebungen der bleibenden Zähne, Kieferverengung und Okklusionsstörungen.
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Bestimmte Krankheiten: HNO-Erkrankungen stören die Atmung, vergrößerte Mandeln führen zu Fehllage der Zunge.
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Stoffwechselstörungen: Rachitis, Hypothyreose schwächen Knochengewebe.
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Traumata: Mechanische Verletzungen des Kiefers.
Folgen eines offenen Bisses
Neben Sprachstörungen („Lispeln“) verursacht ein offener Biss ohne Korrektur:
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Beeinträchtigung von Abbeißen und Kauen: Führt zu Magen-Darm-Erkrankungen.
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Atemprobleme: Mundatmung, trockene Schleimhäute, ständige Zahnerkrankungen.
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Funktionsstörung des Kiefergelenks (CMD): Ungleichmäßige Belastung führt zu Überlastung und Zerstörung des Gelenkknorpels.
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Pathologischer Zahnschmelzabrieb: Ungleiche Belastung führt zu vorzeitigem Verschleiß.
Kann man einen offenen Biss korrigieren?
Ja, unbedingt. Je früher die Behandlung beginnt, desto schneller und einfacher sind die Ergebnisse. Ein Besuch beim Kieferorthopäden wird vor dem 6. Lebensjahr empfohlen.
Behandlung bei Kindern
Im Milchgebiss liegt der Fokus auf dem Abgewöhnen schlechter Angewohnheiten und dem Training der Muskulatur.
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Myofunktionelle Therapie: Training der Muskeln zur Korrektur der Zungenlage.
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Vestibulaire Platten mit Ring: Trainieren den Mundschluss und verhindern Daumenlutschen.
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Kinnkappen (mit vertikaler Zugwirkung): Halten die Kiefer geschlossen und normalisieren Atmung und Schlucken.
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Chirurgische Durchtrennung eines verkürzten Zungen- oder Lippenbändchens.
Ein offener Biss im Milchgebiss kann leicht behoben werden, wenn rechtzeitig mit den Übungen begonnen wird.
Behandlung im Wechselgebiss
Der Ansatz bleibt ähnlich, aber es kommen mehr kieferorthopädische Apparaturen zum Einsatz:
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Aktivatoren (z.B. Klammt-Aktivator): Lenken die Zunge in die richtige Position.
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Festsitzende vestibuläre Bögen: Fördern den Kieferverschluss.
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Expansionsgeräte (z.B. Quad-Helix): Erweitern den Kiefer.
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Kronen: Können zur Okklusionskontrolle eingesetzt werden.
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Selektives Einschleifen von Milchzähnen: Ermöglicht besseren Kontakt der bleibenden Zähne.
Bei kombinierten Fehlstellungen (z.B. distaler Biss) werden entsprechende Geräte wie der Fränkel-Aktivator verwendet.
Behandlung bei Erwachsenen
Bei Jugendlichen und Erwachsenen ist die Behandlung komplexer und kombiniert oft Methoden.
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Brackets: Das festsitzende System übt kontrollierten Druck auf die Zähne aus, um sie in die gewünschte Position zu bewegen und den Biss zu korrigieren.
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Alignerschienen (z.B. Invisalign): Durchsichtige, herausnehmbare Schienen, die die Zähne schrittweise bewegen. Die Behandlung dauert länger, ist aber unauffälliger.
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Chirurgische Methoden:
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Ambulant: Zahnentfernungen zur Schaffung von Platz oder kortikotomie (Erleichterung der Zahnbewegung).
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Stationär: Kieferchirurgische Eingriffe (Osteotomie), bei denen der Kiefer chirurgisch in die korrekte Position gebracht wird.
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Ablauf der Behandlung
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Diagnose: Anamnese, Untersuchung, Messung der Lücke, ggf. Röntgen (FRS, OPG, DVT), Fotodokumentation.
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Behandlungsplanung: Erstellung eines individuellen Plans.
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Vorbereitung: Zahnbehandlung, Extraktionen, professionelle Reinigung.
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Einsetzen der Apparatur: Anpassung von Platten, Brackets oder Alignern.
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Korrektur: Regelmäßige Kontrollen und Anpassungen.
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Retentionsphase: Nach Abschluss der aktiven Behandlung werden Retainer (festsitzend oder als Schiene) eingesetzt, um das Ergebnis zu stabilisieren.
Prävention
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Abgewöhnen schlechter Angewohnheiten (Schnuller, Daumenlutschen).
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Gesunde Ernährung: Festes Obst und Gemüse kräftigen die Kaumuskulatur.
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Rechtzeitige Behandlung von HNO-Erkrankungen.
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Frühe Gewöhnung an Mundhygiene (ab ca. 2 Jahren).
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Regelmäßige zahnärztliche Kontrollen.
Fragen & Antworten
Kann man einen offenen Biss ohne Brackets korrigieren?
Ja, aber nur in leichten Fällen und bei nicht abgeschlossenem Zahnwechsel. Bei Erwachsenen sind Brackets oder Aligner die effektivste Methode.
Wie lange dauert die Korrektur?
In der Regel 1-3 Jahre, abhängig vom Alter und Schweregrad.
Welche Bracketsart ist die beste?
Dies muss individuell nach gründlicher Diagnose entschieden werden. Wir beraten Sie gerne in einem persönlichen Gespräch in unserer Praxis.
Zusammenfassung
Ein offener Biss ist eine funktionelle, ästhetische und psychologische Störung, die Aufmerksamkeit erfordert. Je früher das Problem erkannt wird, desto einfacher ist die Korrektur. Selbst im Erwachsenenalter ist eine vollständige Wiederherstellung der Okklusion möglich. Die moderne Zahnmedizin bietet zahlreiche kieferorthopädische und chirurgische Methoden dafür.




